Donnerstag, 20. September 2007

THEUER

Von Markus HARMANN

und Thilo FOLESKY (Fotos)

Er ist seit acht Jahren arbeitslos, lebt von Hartz IV und ist doch Bürgermeister von Brieskow-Finkenheerd. Jetzt aber will das Jobcenter, dass Ralf Theuer (52) für eine andere Karriere paukt. Ralf Theuer muss drei Wochen lang Betriebskostenabrechnung büffeln. So steht es auf dem Stundenplan, der dem Bürgermeister offiziell verordnet wurde. Ein Bürgermeister ohne Arbeit, der dennoch viel zu tun hat - da ist er der einzige in ganz Deutschland. Glaubt er jedenfalls. "Ich habe mich mal erkundigt und keinen anderen Hartz-IV-Bürgermeister gefunden." Theuer und sein Dorf. Er gehört einfach dazu. Die Menschen grüßen ihren Bürgermeister auf der Straße.

Er hat die gleichen Gewohnheiten, die gleichen Probleme. Jeder fünfte der 2650 Einwohner Brieskow-Finkenheerds hat keinen Job. Geld ist knapp. Wie fast alle Nachbarn kauft Theuer seine Zigaretten und Benzin in Polen.

Das Mittagessen bringt die Arbeiterwohlfahrt. "Die Portion kostet 3,45 Euro auch für meine Frau. Die hat auch keinen Job." Theuer glaubt nicht, dass er so schnell wieder Arbeit bekommt. "Man findet nur schwer etwas." Aber immerhin bekommt Theuer für seinen ehrenamtlichen Bürgermeisterposten eine Aufwandsentschädigung von monatlich 800 Euro - steuerfrei. Niemand im Ort ist neidisch. "Das hat er sich verdient. Er tut ja auch einiges", sagt eine Frau. Augenblicklich kämpft Theuer gegen den Verlauf einer Umgehungsstraße, die das Land geplant hat. "Dort wo sie entstehen soll, wohnen Menschen", sagt er.

Also stemmt er sich gegen die Route - wenn er nicht gerade sein Praktikum macht.


Keine Kommentare: